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Thema Monatsgruß 10 11 | 2025

Die Bauernkriege und Martin Luther

 

Das Jahr 2025 ist Erinnerungsjahr an die Aufstände der Bauern vor 500 Jahren. Erst friedlich, dann mit Waffen haben Bauern sich für ihre persönliche Freiheit und Selbstbestimmung eingesetzt, ins-besondere im Südwesten und in Mitteldeutschland. Die Fürstenheere schlugen die Aufstände der Bauern blutig nieder, mehr als 50.000 Menschen, vor allem Bauern, starben. Bleibt von diesem Krieg wie bei vielen anderen unzähligen Kriegen bloß in Erinnerung, dass bewaffnete Konflikte unendliches Leiden über die Menschheit bringen und den sinnlosen Tod vieler unschuldiger Menschen provozieren? Das würde den lichten Momenten, die dieser Bauernaufstand hervorgebracht hat, in keinster Weise gerecht werden. Zu diesen lichten Momenten zählen die 12 Artikel der Bauernschaft von Memmingen und die Ermahnungen zum Frieden, eine unmittelbare Reaktion Martin Luthers auf die 12 Artikel. 

 

Die zwölf Artikel der Bauernschaft

Erschienen sind die 12 Artikel im Februar 1525 als Flugschrift in Memmingen. Kürschnergeselle Sebastian Lotzer und Stadtpfarrer Christoph Schappeler in Memmingen haben sie vermutlich verfasst. Im Kern geht es in den Thesen um die Freiheit der Bauern. „Wir sind frei und wir wollen frei sein“, heißt es im dritten Artikel der Bauernschaft. Was bedeutet diese Forderung aus ihrer Zeit heraus? Sie fordern die Freiheit für alle Menschen, auch für die Bauern in einer Zeit, in der ungefähr die Hälfte der Bauern Leibeigene waren. Das heißt, diese Bauern standen in einer Abhängigkeit zu ihren Herren. Ihre Herren verliehen ihre Ländereien und Äcker an die Bauern. Die Bauern wiederum bewirtschafteten diese und lebten von ihren Erträgen, mussten aber davon auch ihre Abgaben leisten.

Das Schlimmste an diesem Abhängigkeitsverhältnis war, dass sie nicht über ihr Leben selbst entscheiden konnten. Ihr Herr gab ihnen vor, wen sie heiraten oder an welchem Ort sie leben durften. Genau gegen diese Abhängigkeit richtete sich der Artikel zur Freiheit. Begründet wurde diese Forderung mit dem Heilswerk Christi: Christus habe schließlich mit seinem Sterben auch alle Menschen erlöst und freigekauft. 

Es gibt genügend Stimmen, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die sagen, dass diese 12 Artikel die erste Erklärung der Menschenrechte seien – lange bevor Franzosen im Jahr 1789 von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sprachen und noch länger vor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die nach den beiden Weltkriegen im Jahr 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen wurde. 

 

Ermahnungen zum Frieden von Martin Luther

Diese 12 Artikel wurden 25.000-mal gedruckt, sie waren in dieser Anzahl das erfolgreichste Flugblatt der Reformationszeit. Die Bauern, die hinter den 12 Artikeln standen, baten nun mehrere Gelehrte ihrer Zeit um eine Art Gutachten über diese Artikel. Einer der Gelehrten war Martin Luther. Seine Antwort auf dieses Ansinnen sind seine Ermahnungen zum Frieden, die er im April 1525 veröffentlichte. Darin richtet er sich zuerst an die Herren und hält ihnen vor, dass einige Artikel der Bauern recht und billig seien. Er gibt den Fürsten und Herren die Schuld für den bäuerlichen Aufruhr und fordert sie auf, mit Vernunft auf die Bauern zu reagieren und sich mit ihnen gütlich zu einigen. Die Bauern wiederum ermahnt er, ihre Forderungen nicht mit Gewalt und dem Schwert durchzusetzen. Denn wer das Schwert nehme, der werde auch durch das Schwert umkommen. In einer Schlussbetrachtung fordert er beide Seiten, Herren und Bauern, dazu auf, die eigene Position nicht mit Gewalt oder Kampf zu verteidigen, sondern sich ans Recht zu halten. 

Den Herren rät er, einige von ihnen sollten die Streitsache verhandeln und dabei ihre Hartnäckigkeit fallen lassen. Den Bauern rät er: „Lasst manche Artikel fallen, damit so die Sache doch wenigstens mit menschlichen Rechten und Verträgen beendet werde.“ Wer diese Ermahnung zum Frieden von Martin Luther liest, ist doch sehr erstaunt, wie ausgleichend und friedfertig hier der Reformator agiert. Luther erscheint hier wie ein mustergültiges Vorbild für die Vermittlung gegenwärtiger Konflikte.

 

Licht und Schatten

Natürlich wäre es ein Leichtes, die lichten Momente der 12 Artikel der Bauernschaft und der Ermahnung zum Frieden Luthers in ein dunkles Licht zu rücken. Es gab genügend Aufständische, die Hunderte Burgen und Schlösser zerstörten und Adlige angriffen. Unerträglich sind auch Luthers im Mai 1525 veröffentlichte Forderungen an die Fürsten bezüglich der aufständischen Bauern, „zu wurgen und zu stechen, heimlich oder offentlich, wer da kann, und gedenken, dass nichts Giftigers, Schädlichers, Teuflischers sein kann, denn ein aufruhrischer Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss“. Bei aller Widersprüchlichkeit gehört dann aber trotzdem zur historischen Wahrheit, dass Sebastian Lotzer und Christoph Schappeler in den 12 Artikeln und Martin Luther in den Ermahnungen zum Frieden weit über sich und ihre Zeit Hinausweisendes formuliert haben. 

 

Jörg Hellmuth, Pfarrer

 


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